Artikel aus dem design report.

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Über den Raum hinaus

Das Büro für Produktentwicklung Planzwei läuft unter Druck zu Hochform auf.

„Da hängt mein Mantel am Reißbrett. Eine Garderobe ist nicht zur Hand.“ Ein kleines, alltägliches Problem, das Matthias Furch mit einem Produktentwurf löst. Gemeinsam mit seinem Kollegen Kai Ertel gründete er 2002 das Stuttgarter Büro Planzwei. Ihr erstes Projekt: ein Wohnraum. In nur drei Wochen wurden aus vagen Ideen „Stegg“, „Klabb“ und „Billy Clever“. Ein Tisch, ein Hocker und ein Regal. Das Regal nahm der Elch erprobte Moormann unter seine Fittiche und setzte beim schwedischen Möbelgiganten zur Gegenoffensive an – dieser hatte Moormanns Tischbock „Taurus“ plagiiert und den darauf folgenden Prozess dann doch letzter Instanz verloren. Das Adjektiv „clever“ verdient sich „Billy“ von Planzwei durch seine einmalige Konstruktion: Eine Kunststofffolie, die gleichzeitig Oberfläche und Scharnier ist. Die Ideen der beiden Gestalter entstanden bisher am gemeinsamen WG-Küchentisch beim klassischen Spaghetti-mit-Tomatensoße-Essen und Rotweintrinken. Grinsend wiederholt Furch einen Satz, den die beiden des Öfteren zu hören bekamen: „Jetzt machen schon Schreiner Design.“ Ertel und Furch kommen aus dem Handwerk, lernten sich auf der Fachschule für Holztechnik in Stuttgart kennen und sind ausgebildete Schreinermeister, Möbel- und Innenraumgestalter. Bei ihren Entwürfen wird von Anfang an auch an die Produktion gedacht. Das kann den Gestaltungsprozess hemmen, doch letztendlich zählt die geradlinige, gute und günstige Umsetzung, die auch noch charmant aussehen soll. Nur zu planen oder Modelle zu rendern ist ihre Sache nicht. Der Kontakt zum Material ist ihnen wichtig und hat für sie einen therapeutischen Effekt: „Da bekommt man den Kopf frei.“ Eine gute Voraussetzung, wenn sich abends die Werkstatt von Planzwei zu einem Treffpunkt junger Studenten verwandelt, die sich über ihre Entwürfe und neue Materialien austauschen. Genau dieser Austausch ist für Ertel und Furch auch notwendig für die Teilnahme an Messen: ohne Augenringe und Enthusiasmus ist das nicht zu schaffen, vor allem bei ihrer knapp bemessenen Arbeitszeit nach Feierabend. Beide sind voll berufstätig. Um mit dem Büro dennoch zu Potte zu kommen, haben sie eine eigene Strategie entwickelt. Unter Druck verdichten sie alltägliche Probleme und kleinere Mankos zu einer projektbezogenen Arbeit. Das Ergebnis sind ihre Prototypen. Und diesen Druck machen sie sich selbst. Man meldet sich kurzerhand bei einer Messe an, zum Beispiel der Mailänder Möbelmesse 2003, und setzt sich ein Ziel: Ein loungeartiger Raum zum Chillen soll entstehen. Was braucht man da? Zum Herumliegen ein Sofa, zum Lesen Zeitschriften und eine Leuchte. Liegen auf „Flack“, Zeitschriften aus dem „Eff“ und Licht von „B.A.“ Namenspatron dieser Leuchte ist der Hauptdarsteller der amerikanischen TV-Serie A-Team. Abflussstöpselketten lösen den klassischen Lampenschirm auf. Einen Hauch von Star Trek erhält „B.A.“ durch die dimmende Funktion der Kugelketten. Berührt man diese, wird das Licht schummrig.
Jetzt bricht für Planzwei eine neue Zeit an. Kai Ertel ist inzwischen Vater geworden und durch seinen Auszug aus der WG ist der gemeinsame Küchentisch verwaist. In Kürze stellen sie auf der Blickfang 2004 in der Stuttgarter Liederhalle aus. Zwei, drei kleinere Sachen. Hilfsmittel für den Alltag. Etwas mit Licht, etwas aus Kunststoff und vielleicht auch eine Garderobe.